Sven Berger
Die Fünf-Zentner-Lady
Wer zu Besuch in die Zentrale der Seco Kältetechnik GmbH kommt, wird am Eingang von einer Fünf-Zentner-Lady begrüßt.
Normalerweise ist etwas mehr Diskretion beim Gewicht und Alter einer Dame selbstverständlich. In diesem Fall kann die gute Kinderstube für einen Augenblick vergessen und gesagt werden, wie es ist.
Für ihr Gewicht wirkt sie recht schlank, für ihr Alter von jenseits der 75 Jahre hat sie sich, bis auf einige Roststellen, gut gehalten. Sie ist, im wahrsten Sinne des Wortes – eine Bombe!

Im März 2009 berichteten die Ruhr Nachrichten über sie als die „Schwierigste Bombenbergung aller Zeiten“.
Zwei Jahre zuvor entdeckten Spezialisten bei der Auswertung von Luftbildern britischer Aufklärer einen dunklen Fleck, der auf den Einschlag eines Blindgängers auf der Fläche unseres heutigen Betriebsgeländes an der Herzogstraße schließen ließ. Der Verdacht erhärtete sich, als bei Probebohrungen Metalldetektoren anschlugen.
Viele der Blindgänger, die im Ruhrgebiet gefunden werden, werden bei Bauarbeiten zufällig ausgebuddelt. Sie liegen also schon mehr oder weniger frei und müssen nur noch entschärft und abtransportiert werden. Oder sie werden auf Luftbildern ausfindig gemacht, es wird ein Loch gegraben und ein Feuerwerker entschärft sie.
Im Fall der Seco Kältetechnik GmbH stellte sich die Bergung als wesentlich komplizierter heraus, und die Ingenieure und Statiker vor eine echte Herausforderung. Denn der vermutete Blindgänger lag unter dem Fundament einer tragenden Hallenwand.
Um die Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg bergen zu können, wurde ein Teil des 1993 errichteten Gebäudes geräumt, und eine vier mal vier Meter große und acht Meter tiefe Grube in den Hallenboden gegraben. Von dort horizontal ein Schacht bis zum Fundort getrieben. Gerade so hoch, dass sich die Arbeiter gebückt durch das Erdreich graben konnten.

Das alles schon schwierig genug, kam es noch dicker: Um in der Halle Platz für schweres Gerät wie Bagger und Bohrvorrichtungen zu machen, musste ein Teil des Daches geöffnet werden. Da die Planer zudem Wassereintritt befürchteten, musste der Stollen mit Spundwänden gesichert werden, um ein Abrutschen des Bodens unter der Halle hinweg zu verhindern. Schlimmstenfalls hätte der Einsturz der Halle gedroht.
Sechs Wochen dauerte die Bergung der Mehrzweckbombe MC 500 – Ib MK VI im Frühjahr 2011 und kostete Stadt und Land fast 300.000 Euro. Zunächst war es schon ein Problem, eine geeignete Baufirma für den Auftrag zu finden.
Bis zuletzt hätte sich die vermutete Bombe als altes Metallrohr oder anderer Schrott entpuppen können.
Nach der Bergung wurde die Bombe entkernt und ausgebrannt, und liegt heute unter dem Treppenaufgang im Eingangsbereich der Seco Kältetechnik GmbH.
Jeder hier sonst hat eine Lore im Garten stehen, wir legen uns eine Bombe in die Firma.
Beitrag von Radio Bochum vom 25.05.2011
Vielen Dank für die freundliche Genehmigung.
Bis kalt°